Bundesinnenministerin ist prominentester Gast beim Jubiläum des Ortsverbands / Willy-Brandt-Medaille für Hans Klar und Gerd Schubart
Ein Beitrag von Manfred Giebenhain, erschienen im Odenwälder Echo am 17.10.2022
MICHELSTADT. Eine Partei, die auf der Höhe der Zeit ist und sich stolz zu ihren Wurzeln bekennt. So präsentierte sich der Michelstädter Ortsverband der SPD am Samstagabend im Schenkenkeller und draußen im Kellereihof, wo im Schutz von Pavillons vor dem einsetzenden Regen auch über die offizielle Feier zum 150-jährigen Jubiläum hinaus etliche Gäste das Beisammensein genossen. Was mit akademischen Grußworten, Ehrungen und einem Rückblick auf die Geschichte des 1872 gegründeten Ortsvereins begonnen hat, ging im zweiten Teil des rund zweieinhalbstündigen Festakts über in betont emotional und heiter gestaltete Programmpunkte, die mit dem gemeinsamen Singen der „Internationalen“ endeten. Prominenter Gast war die Landesvorsitzende und Bundesinnenministerin Nancy Faeser.
Was die Gäste zu erwartet hatten, zählte Ortsvereinsvorsitzende Jutta Emig in ihrer Begrüßung im voll besetzten Schenkenkeller auf. Zum ausgewählten Zeitpunkt gefeiert werden sollte, wenn diese Personen in ihren Kalendern diesen Abend mit einem verlässlichen Eintrag vorgemerkt haben: Faeser als Ehrengast und Hauptrednerin, der Ortsvereinsvorsitzende von Brombachtal Ralf Drexelius, der als Moderator durch die Veranstaltung führte, Sängerin Michaela Tischler, deren Stimme die besonderen Momente des Abends musikalisch unterstreichen sollte, sowie zwei Darsteller des Theaterensembles „Spiellust“, die mit ihrem mehr als sketchhaften Auftritt an die Leistungen des prominentesten SPD-Vertreters der Stadt aufmerksam machen würden. Alle Voraussetzungen stimmten, wofür neben Emig in Person von Hans-Joachim Prassel die Doppelspitze des Parteivorstands sich auch bei allen anderen bedankte, die zum Gelingen beigetragen haben. Als Gäste nahmen neben eigenen Funktionsträgern auch solche aus anderen politischen Lagern und Vertreter gesellschaftlich relevanter Gruppen und Verbände teil.
Faeser hob hervor, dass der Ortsverein zu den wenigen in Deutschland gehöre, der noch unter der Vorläuferbezeichnung als Allgemeiner Deutscher Arbeiterverein 1872 gegründet worden ist. Bis heute habe die Michelstädter SPD ihre Rolle als führende politische Kraft behaupten können. Am Ende ihrer Bestandsaufnahme zur bundespolitischen und globalen Lage stand das deutliche Bekenntnis, dass „der gesellschaftliche Zusammenhalt allen voran auf der kommunalen Ebene gelebt“ werden müsse. Es folgte ein kurzer Abriss der Historie des Ortsvereins durch den Stadtverordnetenvorsteher Andreas Klar, der besonders auf das Wirken von Heinrich Ritzel (1893-1971), dem damals mit 27 Jahren jüngsten Bürgermeisters Deutschlands und späteren Abgeordneten des Reichstags und des Bundestags, einging. Weiter zählte er Stationen der Stadtentwicklung mit sozialdemokratischer Handschrift auf. Wie weitsichtig und vom sozialen Miteinander geprägt Ritzel sein Amt verstanden hat, dafür stellten Marlies Voigt und Roger Tietz in einem szenischen Spiel eine Wirtshausunterhaltung nach. Auf amüsante Weise, aber ohne den Respekt vor den Leistungen des Stadtoberhaupts vermissen zu lassen, schlüpften die beiden Darsteller der „Spiellust“ in die Rollen von Gretel und Karl. Nach Texten von Erich Becker und in Regie von Dominik Eichhorn zeichneten sie eine Unterhaltung nach, die sich 1927 über den Bau des Stadions und der Zeppelinhäuser abgespielt haben könnte.
Als Premiere erlebten die Gäste den Auftritt von drei Funktionsträgern mit Parteibuch (Landrat Frank Matiaske, Landtagsabgeordneter Rüdiger Holschuh und Fraktionsvorsitzender Dr. Michael Hüttenberger), die das Abschlusslied auf ihren Blasinstrumenten begleiteten. Umrahmt wurde der Festakt von einer um aktuelle Exemplare ergänzten Zusammenstellung aus Zeitdokumenten der 150 Jahre alten Parteigeschichte, die bereits bei der letzten großen Feier vor zehn Jahren gezeigt wurde.
EHRUNGEN
Die Willy-Brandt-Medaille ist die höchste Auszeichnung, die ein Parteimitglied für seinen Einsatz erhalten kann. Für Hans Klar und Gerd Schubart war es deshalb ein besonderer Moment, als sie auf die Bühne gebeten wurden, um die Ehrung entgegenzunehmen. „1965 bin ich in die SPD eingetreten. Wegen Willy Brandt. Mit dieser Medaille schließt sich dieser Kreis für mich“, bedankte Schubart sich für die Auszeichnung, die er und Klar von der Landesvorsitzenden Nancy Faeser erhielten. Keiner, der sich in den Vordergrund gedrängt hat, dafür aber mit 34 Jahren als Rechner im Vorstand eine verlässliche Größe und darüber hinaus ein engagierter Wahlkämpfer gewesen sei, betonte die Ortsvereinsvorsitzende Jutta Emig. Auch Klar habe die Ehrung verdient, der 1977 der Partei beitrat. Bis zur Eingliederung des Ortsvereins Steinbach stand 24 Jahre lang sein Name an der Spitze. Auch 16 Jahre Stadtverordneter und fünf Jahre Mitglied des Magistrats prägten sein politisches Engagement für die Stadt. (mgi)